Man kam am Montag, dem 31.05.2010, in Deutschland insbesondere an einem Thema nicht vorbei, denn Bundespräsident Köhler schmeißt hin:
Meine Äußerungen zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr am 22. Mai dieses Jahres sind auf heftige Kritik gestoßen. Ich bedauere, dass meine Äußerungen in einer für unsere Nation wichtigen und schwierigen Frage zu Missverständnissen führen konnten. Die Kritik geht aber so weit, mir zu unterstellen, ich befürwortete Einsätze der Bundeswehr, die vom Grundgesetz nicht gedeckt wären. Diese Kritik entbehrt jeder Rechtfertigung. Sie lässt den notwendigen Respekt für mein Amt vermissen.
Ich erkläre hiermit meinen Rücktritt vom Amt des Bundespräsidenten – mit sofortiger Wirkung. Ich danke den vielen Menschen in Deutschland, die mir Vertrauen entgegengebracht und meine Arbeit unterstützt haben. Ich bitte sie um Verständnis für meine Entscheidung.
Verfassungsgemäß werden nun die Befugnisse des Bundespräsidenten durch den Präsidenten des Bundesrates wahrgenommen. Ich habe Herrn Bürgermeister Böhrnsen über meine Entscheidung telefonisch unterrichtet, desgleichen den Herrn Präsidenten des Deutschen Bundestages, die Frau Bundeskanzlerin, den Herrn Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts und den Herrn Vizekanzler.
Es war mir eine Ehre, Deutschland als Bundespräsident zu dienen.
Respekt. Daß der Bundespräsident, das Staatsoberhaupt, aus einer Nichtigkeit, nämlich aufgrund von Kritik an nachfragenswürdigen Aussagen in einem Radiointerview, einfach hinschmeißt, wie seinerzeit Lafontaine fluchtartig das Amt verläßt, dies ist schon bemerkenswert. Der Ex-Präsi muß sich fragen lassen, wer »den notwendigen Respekt für [das] Amt vermissen« läßt — und er hat mit seinem peinlichen, fast pubertären, Verhalten auch gleich die Antwort gegeben.
Ich habe es schon beim Fall Lafontaine gesagt: wer in einer solchen Art und Weise »Fahnenflucht« begeht, sein Amt mit Füßen tritt und sich einfach aus der Verantwortung schleicht, dem sollte auch die sich aus dem Amt ergebende Renten-/Pensionszusage aberkannt werden. Ein öffentliches Amt ist in meinen Augen auch eine Verpflichtung; wer so damit umgeht – »och nö, Ihr seid irgendwie doof, ich spiel nicht mehr mit« –, sollte dafür nicht auch noch belohnt werden. Gut, Lafontaine war meiner Erinnerung nach schlimmer, jedenfalls habe ich noch Bilder vor Augen von Kameras, die ein Haus mit heruntergelassenen Jalousien zeigten und irgendwann auch mal einen Lafontaine, der unter Dauergrinsen und Schwerhörigkeit zu leiden schien … Nein, die gefühlte Empörung verjährt nicht.
So ganz nachvollziehen kann ich die Aufregung ob Köhlers Abgang aber auch nicht; der Erste Repräsentant hat keinen Bock mehr — so what? Das Leben geht auch ohne Bundespräsident weiter, denn auch einen solchen Fall »haben die Väter der Verfassung« mit entsprechenden Artikeln bedacht und das Procedere festgelegt. Der Bundesratspräsident darf nun Köhlers Job noch nebenbei mit machen; ich würde erwarten, daß sich dessen Verständnis für den beleidigten Horst in Grenzen hält. Aber es gibt kein Machtvakuum, in 30 Tagen schon ist der Spuk vorbei und Deutschland wird einen neuen, diesmal hoffentlich nicht nur austeilen sondern auch einstecken könnenden, Bundespräsidenten (m/w) haben.
Ob »den Köhler machen« sich 2010 als Redewendung wird etablieren können? Ich würde es mir wünschen, um die Mißachtung, die der ehemalige Amtsinhaber dem Amt und dem Volk erwiesen hat, zu erwidern.