In einem jüngeren Blogeintrag bügelt »FON D-A-CH« mal wieder – berechtigte, gleich, was der leicht hyperaktiv scheinende Blogwart da zusammen fabuliert – Einwände gegen das FON-Setup ab.
Ich bin fast geneigt, den Eintrag von »hertzklopfen« als Aufruf zum guten alten »reality check« zu sehen … Konkret geht es um folgenden Kommentar zum Blogartikel »Gericht verpflichtet jeden zur WLAN-Verschlüsselung«:
Interessant. Und wie bekommt man die Nutzungsdaten von FON, wenn man tatsächlich mal vor Gericht den Nachweis erbringen muss, dass man nicht selber, sondern ein anderer Fonero illegal urheberrechtlich geschützte Musik aus einer Tauschbörse oder angebliche Kinderpornographie geladen hat?
Wo wendet man sich hin? Gibt es eine spezielle Adresse dafür? FON hat darüber hinaus keine ladungsfähige Adresse in Deutschland, was vor Gericht auch schlecht ankommt.
Das ist alles auf sehr dünnem Eis gebaut, letztendlich wird die Idee von FON in Deutschland durch die deutsche Rechtsprechung ad absurdum geführt.
Wenngleich »hertzklopfen« kein Alias von mir ist, ich sehe identische Schwachpunkte im bestehenden FON-Setup des Jahres 2008 A. D.; diese mögen beim Start der »FON:Idee« nicht relevant gewesen sein, im heutigen Internet sind sie es sehr wohl. Das sieht – pflichtgemäß? – der unerkannt bleibende Fon-Blogger nicht so, der in der bekannt unerträglichen Art direkt in »hertzklopfens« Text folgendes hineineditierte:
AW:
diese aussagen sind schlicht einfach nur falsch. es sind durch nichts bewiesene annahmen und unbewiesene vermutungen, wie sie immer mal wieder gerne (von interessierter seite?) gestreut werden. so leider auch heute mal wieder hier.
zu den gestellten fragen gibt es mittlerweile genügend antworten von FON, so dass sich das ewige wiedergekäue hier nicht lohnt (zB letztes interview von forster, im vollen wortlaut hier im blog)
Durch nichts bewiesen ist erst einmal nur eines, und zwar die – nach nur kurzer Überlegung keinesfalls haltbare – FON:Behauptung, ein Fonero, also jemand, der einen Fon-Hotspot betreibe, »brauche sich […] keine Sorgen machen«.
Fakt hingegen ist, daß, da Fon derzeit kein Tunneling einsetzt, ganz klar der Fonero erste Anlaufstelle ist und beweisen muß, daß er es nicht war, der mit der seinem Internetzugang zum fraglichen Zeitpunkt zugewiesenen IP-Adresse die im Raum stehende Tat begangen hat. Vielleicht haben »FON D-A-CH« und der deutsche Fon-Pressesprecher ja jeden Tag die Polizei vor der Haustür stehen — der gemeine Fonero wird derlei kaum unaufregend und sorgenfrei erleben.
Und bei allen Indentifikationsmechanismen, die Fon angeblich eingebaut hat — was ist mit der Haftung als »Mitstörer«? Der im Fon-Blog verlinkte PC-Welt-Artikel zitiert das Gericht wie folgt: »Nach Auffassung des Gerichts ist es unerheblich, ob die Urheberrechtsverletzungen von seinem Computer aus oder über sein ungeschütztes WLAN erfolgten. Er habe “zumutbare Sicherungsmaßnahmen unterlassen” und es so “Dritten ermöglicht, sich hinter seiner Person zu verstecken und im Schutze der von ihm geschaffenen Anonymität […] ungestraft Urheberrechtsverletzungen begehen zu können”, heißt es in der Beschlussfassung (Az. I-20 W 157/07). Er habe für die Rechtsverletzungen nach den Regeln der Störerhaftung einzustehen.«
IANAL, aber das sieht schon so aus, als ob ich hoffen müßte, daß die deutschen Ermittlungsbehörden – nachdem man sich ersteinmal an mich Fonero gehalten hat und ich mit einem bettelnden Finger auf Fon gezeigt habe – über Fons Logfiles den fraglichen Fon-Nutzer identifizieren und ihm zumindest die Nutzung meines Fon-Spots zum fraglichen Zeitpunkt beweisen könnten, bevor man mich vom Haken liesse. In jedem Fall ist der Fonero vor Ort erste Anlaufstelle für die Ermittlungsbehörden, erst einmal ist er der Verantwortliche, da es nachweislich sein Anschluß ins Internet war, über den die unrechten Dinge stattfanden.
Bemerkenswert ist denn auch die folgende Aussage des deutschen Fon-Pressesprechers:
Aber wir wollen auch ganz deutlich hervorheben, dass Missbrauch ein eher theoretisches Phänomen ist – in der Praxis kommt das bisher überhaupt nicht vor.
Mit anderen Worten: Fon hofft einfach mal, daß ihr Konzept schon passen wird und auch deutsche Foneros vor dem Gradestehen für Rechtsverstöße Dritter schützen würde — weder wurde dieses Konzept aber sichtlich einer Begutachtung durch berufene Kreise unterzogen noch wurde die Tragfähigkeit in der Praxis nachgewiesen (wo kein Kläger, da kein Richter). Und wenngleich umherziehende Fon-Filesharer vielleicht tatsächlich nur eher theoretisches Problem sein mögen: »Du dummes Stück Scheiße« in ein Blog als Kommentar oder als Forenbeitrag, sowas geht ganz schnell und der so Verunglimpfte kann durchaus dagegen vorgehen. Und wenn die Ermittlungsbehörde beim Anschlußinhaber nachfragt — wie soll der doch gleich beweisen, daß es es nicht war?
»Keine Sorgen machen«, das geht anders. Keine Sorgen braucht sich jemand zu machen, der gar nicht direkt in Erscheinung tritt bei Dingen, die Dritte – auch über sein Equipment – tun. Ein Paradebeispiel, wie man seine Teilnehmer weitestgehend vor falschen Anschuldigungen schützt, findet sich zum Beispiel bei der Opennet-Iniative aus Rostock:
Wir nutzen im Opennet für die Verbindung der Nutzer-APs mit dem Internet VPN-Tunnel zu den Opennet-Gateways. […] Weiterhin erhöht dies die ‘gefühlte’ Sicherheit derjenigen Nutzer, die ihren Breitbandanschluss freigeben, weil eine möglicherweise missbräuchliche Nutzung des Internetanschlusses nicht auf den Usergateway-Anbieter zurückverfolgt werden kann, sondern nur zu nagare/erina. Ansprechpartner bei dahingehenden Problemen ist somit der Verein, Nutzer, die lediglich ihren Breitbandanschluss freigeben, haben nichts zu befürchten.
Technisch wäre es ein Leichtes für Fon, derlei kurzfristig in ihre Software aufzunehmen; nur bräuchte es dann leistungsfähige, breitbandig angeschlossene FON:Gateways, womit der FON:Businesscase wohl in sich zusammenfallen würde …
Aber unser anonymer Fon-Blogger läßt keine zweite Meinung gelten:
dass diese fragen hier nur panikmache sind, ergibt sich schon aus der fragestellung /und dem nick/: du wirst mit sicherheit keine logs bekommen, auch nicht das gericht, sondern der ermittelnde staatsanwalt, weit im vorfeld einer gerichtlichen auseinandersetzung. der bekommt dann von fon die gewünschten auskünfte. kontaktadressen haben wir wahrlich genug und auch eine “ladungsfähige anschrift”. lass diesen käse also bitte. fon ist ordnungsgemäß bei den zuständigen behörden registriert. zur not is martin immer online martin@fon.com… boah, jetzt hab ich aber zurück geschossen. unsere antennen sind 24 stunden auf empfang.
Hamma, was für ein Schuß … Schon charmant, wie Fon die Sorgen seiner Kunden aus der Community ernst nimmt. Ich denke auch, daß es einen ermittelnden Beamten unwahrscheinlich beeindruckt, wenn ein Fonero sagt: »Ich war das nicht. Fragen sie martin@fon.com – der ist immer online –, der kann das bestätigen.« Unwahrscheinlich hilfreich wird das auch sein, wenn der wahre Verursacher nicht gefunden werden kann – falsche Personenangaben, gestohlene Zahlmittel, kaputte Logfiles bei Fon –; natürlich wird dann die Musikindustrie sich an martin@fon.com wenden und von ihm Schadensersatz fordern, völlig klar. So läuft das … auf Trafalmadore vielleicht.
Ich mag die Fon-Idee. Aber die Absicherung der Foneros – ohne die Fon stumpf einpacken kann – ist nicht einmal mangelhaft zu nennen, sie ist nicht existent. Ich behelfe mir über einen eigenen Tunnel mit eigenem Adressraum für meine Fon-Aktivitäten — sowohl das Equipment als auch das Know-How dazu hat aber längst nicht jeder eben so rumstehen. OpenWRT, die linux-basierte Firmware, die auch die La Fonera antreibt, allerdings brächte die Clientseite schon mit …